Frage: Gibt es Vierfachvergaser beim Ami-V8?

Aufklärung zum Doppel-Registervergaser

Veröffentlicht am 23. März 2023
Aktualisiert am 1. Januar 2025

Antwort: Nein!

Allgemeines

Es gibt echte Vierfachvergaser-Anlagen, jedoch nicht bei amerikanischen Autos. Echte Vierfachvergaser sind vier einzelne Vergaser, die mechanisch miteinander verbunden sind, wie sie z. B. bei 4-Zylinder-Motorradmotoren eingesetzt werden.

Daneben gibt es Zweifach- bzw. Doppelvergaser, die aus zwei verbundenen Einfachvergasern bestehen. Diese arbeiten parallel und teilen sich beispielsweise die Schwimmerkammer. So wie beim VW Käfer oder dem Porsche 911 (bis 1973). Bei letzterem kamen zwei Dreifachvergaser zum Einsatz – also drei Einfachvergaser pro Zylinderbank.

Ein Beispiel für eine noch komplexere Vergaseranlage ist der Ferrari 250 GTO, der mit sechs Doppelvergasern ausgestattet war, also sechs Mal zwei verbundene Einfachvergaser.

All diese Vergaserarten haben jedoch nichts mit den „Ami-Vergasern“ zu tun.

Leider werden bei den leistungs- und hubraumstärkeren amerikanischen V8-Motoren die Vergaser oft fälschlicherweise als „Vierfachvergaser“ bezeichnet. In Wirklichkeit handelt es sich jedoch um zwei Registervergaser, auch Stufenvergaser genannt!

Registervergaser

Die Vergaser unserer V8-Motoren, wie der „Quadrajet“ von Rochester1, werden in den USA als „Four-Barrel Carburetor“ oder „4bbl“ bezeichnet. Der Begriff „4-Barrel“ (Deutsch: „Lauf“, „Fass“, hier auch „Kammer“) wird durch die „4“ oft fälschlicherweise als „Vierfach“ übersetzt.

Ein solcher Vergaser hat vier Lufttrichter oder „Kammern“, was teilweise auch aus der Typenbezeichnung hervorgeht. Diese „vier Kammern“ sind die zwei Primär- und zwei Sekundärstufen der Gemischaufbereitung, weshalb dieser Vergaser auch als Stufenvergaser bezeichnet wird. Er besteht aus zwei Registervergasern, die in einem Gehäuse als Doppel-Registervergaser zusammengefasst sind. Ein Registervergaser versorgt über die Ansaugbrücke jeweils vier Zylinder.

Bei Registervergasern gibt es die bereits erwähnte Primärstufe, die wie ein Einfachvergaser arbeitet. Parallel dazu gibt es die Sekundärstufe im selben Gehäuse, die ebenfalls wie ein Einfachvergaser funktioniert. Die Drosselklappe der Primärstufe wird direkt über den Gasbowdenzug betätigt, während die Drosselklappe der Sekundärstufe auf verschiedene Arten angesteuert werden kann – entweder mechanisch, durch weiteres Treten des Gaspedals, oder pneumatisch, über den Unterdruck im Vergaser. Dies hängt von der Bauweise ab. Die Sekundärstufe wird jedoch lastabhängig erst später hinzugeschaltet.

Mehr Informationen zum Thema findest du auch unter Wikipedia #Registervergaser.

Eine spezielle Kombination war die optional beim Camaro Z/28 bestellbare Cross-Ram2-Ansaugbrücke (siehe Foto), die mit zwei 500 (oder 600) cfm3 Doppel-Registervergasern von Holley4 ausgestattet war. Ähnliche Anlagen verbauten Cadillac und Buick. Buick zum Beispiel verwendete beim Riviera zwei Rochester 4MV oder zwei Carter5 AFB Vergaser.

Geöffneter Doppel-Registervergaser Edelbrock #1406

Im Bild oben sind gut zu erkennen:

  • die rechte und linke Schwimmerkammer; zum Teil mit Benzin gefüllt
  • die rechte und linke Primärstufe; im Bild die unteren etwas dunkleren
  • die rechte und linke Sekundärstufe; im Bild die oberen etwas helleren

Fazit

Also: Versucht von der Bezeichnung dieser „Vierfachvergaser“ wegzukommen und nennt die Dinger korrekterweise Doppel-Registervergaser oder Doppel-Stufenvergaser.

Ich weiß, leider nennen auch „Fachleute“, Zeitschriften und Werkstätten die Teile falsch.

Anmerkungen

  1. Rochester Products Division war eine Tochtergesellschaft von General Motors und ein bekannter Hersteller von Vergasern für den US-Automobilbau. Rochester lieferte ab den 1950er Jahren bis in die 1980er Jahre Vergaser für viele GM-Fahrzeuge sowie für andere Automobilhersteller. Besonders bekannt wurde Rochester für seine „Quadrajet“-Vergaser, einen vierstufigen Registervergaser, der eine gute Mischung aus Leistung und Kraftstoffeffizienz bot und in vielen leistungsstarken amerikanischen Autos der 1960er und 1970er Jahre verbaut wurde.  ↩︎
  2. Das Besondere an einer Cross-Ram-Ansaugbrücke ist die kreuzweise angeordnete Führung der Ansaugrohre. Dabei wird die Luft- und Kraftstoffmischung über lange, sich kreuzende Ansaugwege in den gegenüberliegenden Zylinder geleitet. Die kreuzweise Anordnung der Ansaugrohre verlängert den Weg der Luft-Kraftstoff-Mischung, was zu einem besseren Füllungsgrad der Zylinder führt, insbesondere bei hohen Drehzahlen. Diese längeren Ansaugwege verbessern den sogenannten „Ram-Effekt“, bei dem die einströmende Luft durch ihre Trägheit den Zylinder mit mehr Kraft füllt, was zu einer verbesserten Leistungsausbeute führt. ↩︎
  3. cfm ist die Abkürzung für „cubic feet per minute“ (dt. Kubikfuß pro Minute) und bemisst den Volumenstrom. Eine vergleichbare SI-Einheit ist m3/h. In Bezug auf Vergaser beschreibt diese Zahl den Gemischdurchsatz. Umrechnung 1 m3/h entspricht ca. 0,589 cfm; 1 cfm entspricht ca. 1,699 m³/h ↩︎
  4. Holley ist ein US-amerikanischer Hersteller von Vergasern und weiteren Hochleistungs-Komponenten für Fahrzeuge. Gegründet 1896 von den Brüdern George und Earl Holley, etablierte sich das Unternehmen als bedeutender Lieferant für die Automobilindustrie. Besonders bekannt wurde Holley durch die Entwicklung von Vergasern für den Ford Model T. Im Laufe der Jahre wurden Holley-Vergaser in zahlreichen US-amerikanischen Fahrzeugen eingesetzt. ↩︎
  5. Carter war ein US-amerikanischer Hersteller von Vergasern, der 1909 von William Carter in St. Louis, Missouri, gegründet wurde. Das Unternehmen produzierte Vergaser für zahlreiche Automobilhersteller, darunter Chrysler, Ford, General Motors, AMC und Studebaker. Carter entwickelte den ersten amerikanischen Vierfachvergaser, der 1952 im Buick Straight-Eight eingesetzt wurde. Bekannte Modelle wie der WCFB, AFB und AVS wurden in vielen Fahrzeugen verwendet. In den 1980er Jahren stellte Carter die Produktion ein, da Vergaser zunehmend durch Einspritzsysteme ersetzt wurden. ↩︎