Veröffentlicht am 9. September 2023
Aktualisiert am 14. April 2024
Allgemeines
Die Servolenkung ist bei amerikanischen Fahrzeugen in der Regel eher zu weich und schwammig als straff und zielgerichtet.
Bei meinem Camaro ist das leider auch so. In der Hoffnung eine Besserung herbeizuführen, habe ich das Lenkgetriebe gegen die Version #800130 von Borgeson getauscht.
Leider hat das schlussendlich nicht den gewünschten Erfolgt gebracht. Aber das neue Lenkgetriebe hat eine bessere Qualität als das bereits von Lares überholte, welches in meinem Camaro eingebaut war.
Um etwas Licht in mein Dunkel zu bringen, habe habe ich mich bei dem Thema auch mal etwas belesen. Es gibt wie überall keine Universallösung. Mangels erschöpfender Informationen und fehlender Vergleiche, habe ich auf amerikanischen Seiten nach den besten Lenkgetrieben gefragt und dafür eine Umfrage gestartet. Natürlich habe ich einige Antworten bekommen und auch sehr unterschiedliche.
Zusammenfassend ist die eindeutige Meinung: | Die Begründung zu den einzelnen Punkten: |
---|---|
1. Keine überholten Getriebe kaufen | > Zu große Toleranzen, schlecht gemacht, viele Fehler |
2. Keine Getriebe aus dem Zubehör nehmen | > Taugen nichts, erfüllen nicht die Spezifikation |
3. Nur originale GM-Getriebe verwenden | > Toll, gibt es neu leider nicht mehr zu kaufen |
Fazit: Keine der drei Varianten lässt sich umsetzen.
Bei der Frage nach dem „besten“ aktuellen Lenkgetriebehersteller antworten die meisten mit: Borgeson (s. Facebook-Umfrage bei 1st gen CAMARO lovers)
Lösung
Die Leicht- oder Schwergängigkeit des Lenkgetriebes hängt maßgeblich vom erzeugten Druck der Servopumpe ab. Das wird reguliert von einem in der Pumpe verbauten Ventil. Wenn man diesen Druck reduziert, wird die Lenkung viel schwerer und fester. Zu vergleichen ist das mit einem gerissenen Keilriemen oder einem abgestorbenen/ausgeschalteten Motor. Da wird es eben richtig schwer.
Man müsste also den Druck von der Servopumpe „einstellen“ können. Borgeson bietet genau dafür das Set #899001. Das kostet in den USA knapp 20 $ oder bis nach Deutschland, je nach Transportkosten, rund 40 EUR. Darin enthalten sind u. a. Reduzierringe für das Regelventil der Servopumpe.
Borgeson empfiehlt, einen Druck der Servopumpe von 1200 PSI, also rund 75 bar. (Power Steering Pressure auf borgeson.com) Ich habe mir die Mühe gemacht und eine Messleitung in den Druckschlauch eingebaut. Meine Servopumpe liefert 1400 PSI, rund 105 bar. Das liegt noch im zulässigen Bereich bis max. 1500 PSI, aber am oberen Ende der Wunschliste. Jeder Ring des Sets verringert den Druck um ca. 100 bis 200 PSI. Bei meiner Pumpe müsste ich demnach einen oder zwei Ringe verwenden. Blöderweise kann man das nicht beliebig testen, da immer das Öl aus dem System muss.
In der Beschreibung gibt Borgeson folgende erreichbare Druckreduzierungen an:
0 Ringe | 1350 PSI |
1 Ring | 1200 PSI |
2 Ringe | 1100 PSI |
3 Ringe | 1000 PSI |
4 Ringe | 850 PSI |
5 Ringe | 700 PSI |
Teilebedarf
Der Teilebedarf ist als Vorschlag und Idee zu verstehen. Selbstverständlich können die Teile (bis auf das Borgeson-Set) individuell gewählt und angepasst werden.
- 1x Druckreduzierkit von Borgeson #899001
- 1 Liter Hydrauliköl MANNOL 8203 ATF-A Automatik Getriebeöl; entsprechend der Spezifikation „GM ATF-A Suffix A“
Durchführung
Wie kurz angedeutet, muss für die Aktion leider das Hydrauliköl der Servolenkung raus. Wenn das noch okay ist, kann man versuchen das aufzufangen und später wieder verwenden. Anderenfalls benötigen wir einen knappen Liter Hydrauliköl nach GM-Spezifikation ATF-A Suffix A.
Der Wagen muss als erstes vorn komplett aufgebockt werden, damit die Vorderräder frei sind und in der Luft hängen.
An das Lenkgetriebe müssen wir nicht ran. Wir müssen zum Glück nur an der Servopumpe arbeiten und diese ausbauen. Wer Möglichkeiten hat, kann das Öl aus dem Ausgleichsbehälter der Pumpe absaugen. Dann löst man als erste die Schlauchschelle vom Rücklaufschlauch und zieht diesen langsam ab. Das dabei auslaufende Öl wird in einer Flasche, Dose oder Schüssel aufgefangen. Dann wird die Lenkung ohne Motor mehrfach von Anschlag zu Anschlag durchgedreht, dabei läuft weiteres Öl aus.
Jetzt werden die beiden Hauptbefestigungsschrauben der Servopumpe gelöst. Der Keilriemen entspannt sich und kann abgeworfen werden.
Wir bauen die Servopumpe komplett ab und „lagern“ sie halb auf dem Querträger. Dann kommt die Druckleitung an die Reihe. Mit einem Schlüssel wird die kleinere Überwurfmutter gelöst und herausgedreht. Achtung! Auch da kommt aus der Leitung und der Servopumpe noch Öl.
Die Pumpe kann nun am Halter im Schraubstock eingespannt werden. Achtung! Es läuft immer noch Öl raus.
Jetzt muss die große Verschraubung der Druckleitung herausgedreht werden. Die ist federbelastet und kommt einem am Ende entgegen. Darunter befindet sich das eigentliche Ventil. Das wird mit einem Magneten oder magnetischem Schraubendreher „herausgezogen“. Darunter ist dann noch die Feder, die drin bleibt.
Wenn das eigentliche Druckregelventil auf der Werkbank liegt, kommt das Reduzierset zum Einsatz. Im Set sind folgende Teile enthalten:
- Ein Klemmring zum Einspannen des Ventils
- Ein Dichtungsring als Ersatz
- Fünf Reduzierringe zum Einsetzen
Das Ventil wird mit dem Klemmring eingespannt, dann kann der Kopf abgeschraubt werden. Im Ventil sind eine Feder ein Stift und eine kleine Kugel. Auf das Gewindestück werden die erforderlichen Reduzierringe aufgelegt. Bei der, in meinem Camaro verbauten, Servopumpe war ein Ring vorhanden. Mir ist nicht bekannt, ob das immer so ist.
Ring(e) dazwischen, und alles wieder zusammensetzen. Dann die Servopumpe retour in den Motorraum. Leitungen an die Pumpe, den Keilriemen auflegen und passend spannen.
Wenn die Leitungen angeschlossen sind, kommen wir zum Auffüllen und Entlüften des Systems.
Entlüften des Lenksystems
Die Servolenkungen sind so konstruiert, dass sie sich selbst entlüften, aber sie benötigen dabei Hilfe.
Der Behälter wird bis zur Max-Hot-Marke aufgefüllt. Dann wird die Lenkung mehrmals langsam von Anschlag bis Anschlag gedreht. Das Ganze bei abgestelltem Motor. Das Hydrauliköl füllt langsam das System und die Luft entweicht. Der Vorratsbehälter wird immer wieder voll gefüllt.
Wenn der Flüssigkeitsstand nicht mehr sinkt, starten wir den Motor und drehen die Räder weiter langsam hin-und-her. Es wird weiterhin langsam Hydrauliköl nachgefüllt. Wenn der Flüssigkeitsstand konstant bleibt, ist das System vollständig entlüftet. Wir füllen dann bis zur Cold-Marke.
Dann legen wir beim Testen des Lenksystems Pappe unter die Vorderreifen. Die Pappe gleitet auf dem Boden und verhindert, dass die Reifen durch das Drehen der Räder im Stillstand übermäßig belastet werden.
Nach der ersten Fahrt wird im heißen oder später kalten Zustand der Füllstand entsprechend der passenden Markierung kontrolliert und ggf. korrigiert.
Ergebnis
Auf den ersten Fahrten wurden meine Erwartung erfüllt. Der Camaro fährt sich deutlich ruhiger. Ich muss weniger korrigieren und der Geradeauslauf ist ebenfalls viel besser.
Allerdings sind beim langsamen Rangieren die benötigten Lenkkräfte höher. Das betrachte ich aber als das geringere Übel.