Seine Geschichte

Von der Herstellung bis zum letzten Käufer

Veröffentlicht am 24. April 2020
Aktualisiert am 9. Januar 2024

Herstellung und Auslieferung

Woher kommst du

Der Camaro wird bei Fisher Body, einer General Motors Tochter, in Norwood/Ohio (GPS: 39°09’40.9″N 84°27’00.5″W bzw. N 39.161356, W -84.450133) gebaut. Laut Cowl Tag wird der Wagen in der 4. Februarwoche 1969 montiert. Nach Fertigstellung bekommt er seine Fahrgestellnummer. Diese endet auf „614###“ was darauf deutet, dass er Mitte März fertiggestellt wurde. Im März 1969 lauteten die Seriennummern 607165 bis 623587.

Das GM Werk in Norwood (ca. 1970)

In den beiden folgenden Luftaufnahmen (Links ca. 1970, Rechts ca. 2020) habe ich gleiche Orte markiert. Das Werk im grünen Rahmen hatte früher selbst ein Kraftwerk. Es ist erstaunlich, dass in den USA nicht genutzte Flächen/Industriebrachen komplett umgenutzt werden. Wenn ich denke, wie viele Jahre das in Deutschland dauert.

Das letzte Fahrzeug verließ das Werk am 26. August 1987. Danach wurde es geschlossen und ist heute fast vollständig zurückgebaut. Wie auf dem obigen Bild zu sehen, sind auf der Fläche neue Gebäude entstanden, es hat sich Gewerbe und kleine Industrie angesiedelt.

Die NCRS – National Corvette Restorers Society

Laut dem nachfolgend gezeigten Shipping Data Report der National Corvette Restorers Society (NCRS) wurde der Camaro am 14. März 1969 fertiggestellt. Somit ist o. g. bestätigt.

Shipping Data Report

Wie hast du ausgesehen

Wohin gehst du

Der Wagen wurde von Norwood dann nach Albany in Kalifornien, an der Ostküste der San Francisco Bay transportiert. Durch den Chevrolethändler East Bay Chevrolet Company erfolgte die Auslieferung an den ersten Käufer. Die Händlernummer lautet 212 in der Region 6. Damit ist auch das Black Plate gesichert und sein Verbleiben in Kalifornien.

Mit den Nummern finde ich die Adresse des Händlers heraus. Dieser war in 916 San Pablo Avenue in Albany, einem Nebenort von San Francisco ansässig.

Da es in den USA unzählige Chevrolethändler gibt, kann man annehmen, dass der erste Käufer auch in unmittelbarer Nähe gewohnt hat. Allein in Albany sind in dieser Zeit mindestens fünf Händler niedergelassen. Da macht es keinen Sinn viele Kilometer zu fahren, um irgendwo ein Fahrzeug zu kaufen.

Infos zum Händler sind auf der Seite „Der Chevrolet Händler“ zu lesen.

Station in den USA

Radio aus Gridley

Beim Erneuern und Gängigmachen der Fussraumbelüftung finde ich hinter der Verkleidung auf der Beifahrerseite ein Mäusenest. Zum Glück verlassen. Da ich annehme, dass die Maus nicht über mehrere Kilometer die Papierschnipsel zusammenträgt, sollten der Besitzer mit seinem Müll, Auto und Maus in naher Gemeinschaft gelebt haben.

In der Dämmung für das Nest ist eine alte Rechnung kleingerupft. Diese puzzle ich zuhause zusammen.

Radio-Rechnung 1988
Radio-Rechnung von 1988

Es ist noch zu erkennen, dass die Rechnung von Radio Shack am 3. Juni 1988 ausgestellt wurde. Ganz genau von Radio Mart Electronics. Unterhalb des Händlernamens steht noch „15 ….. GHWAY“ und zwei Zahlenbögen (also 0, 2, 3, 6, 8, 9). Weiter kann man „GRI“ erkennen und weiter unten eine Zahl, die sich leicht als Postleitzahl „95948“ erkennen lässt.

Aus den Resten lässt sich im Internet ermitteln, dass der Shop in Nummer 1562 am HIGHWAY 99 in 95948 Gridley ansässig war. Heute ist auch der nicht mehr und es sieht jetzt so aus. Gekauft wurde ein AM/FM Radio für 99,95 USD zuzüglich Steuer von 6 USD also in Summe 105,95 USD, welches vielleicht auch für den Camaro gedacht war.

Jetzt greifen wir der Geschichte kurz vor und wissen, dass David Cooper im Jahr 2007 im Auto Center am Highway 99 in Yuba City, also nur 30 km weiter arbeitete und den Camaro 2012 kaufte.

Reserverad

Der Cooper kam mit einem alten Reserverad in Europa an. Da die Dimension der Felge mit 14″ nicht mehr über die Scheibenbremsen passen, hab ich das Rad ausgeladen und in die Garage gestellt. Irgendwann wollte ich mal wissen, wann der Reifen hergestellt wurde. So habe ich mir die DOT-Nummer angesehen.

Die DOT lautet M3A6 21 PX 431<. Damit kann man schon einiges anfangen. Schlüsseln wir das Wesentliche mal auf:

  • M3 – steht für Michelin North America Inc. in Greenville, South Carolina, also kein europäischer Reifen
  • A6 – soll der Sizecode sein und definiert die Reifengröße
  • 21 PX – ein Teil davon könnte ein herstellerspezifischer Typencode sein
  • 431< – bedeutet 43. Kalenderwoche in 1991

Wir wissen also, dass der Camaro mindestens einen neuen Reifen bekommen hat, welcher in der letzten Oktoberwoche 1991 produziert wurde. Es handelt sich dabei um einen Michelin Roadhandler Plus in den Dimensionen P205/70 R14 93S. Der Reifen ist ein M+S, also Winterreifen und wird als typischer Oldtimerreifen mit weißem Streifen auf der Seitenwand eingesetzt. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Besitzer einen kompletten Satz im Winter 1991/1992 aufgezogen hat. Da das Radio 1988 gekauft und sicherlich auch verbaut wurde, wird der Wagen Anfang der 1990er noch bewegt worden sein. Da war er auch erst gut 20 Jahre alt.

Auf den ebay-Fotos von den Coopers sowie den Fotos der American Collectables sind Cooper Cobra Reifen zu erkennen. Das bedeutet, dass Mr. Cooper dem Camaro neue Reifen spendiert hat und sicherlich keinen 10 Jahre alten Reifen aus seiner Garage als Reserverad in den Kofferraum gelegt hat.

Ich nehme an, dass der Camaro dann irgendwann Mitte der 90er stillgelegt wurde. Zwischen Reifen (1991) und Coopers-Auferstehung (2012) liegen wieder 20 Jahre. Die in allen Hohlräumen zu findenden Walnussschalen zeugen ebenfalls davon.

Lebensweg

Wenn ich die bisher bekannten Stationen des Wagens mal auf einer Karte eintrage, ergibt sich folgendes:

Karte der Stationen

Zwischen Auslieferung (Roter Pfeil) und Radiokauf (Blauer Pfeil) liegen 19 Jahre und gut 200 km. Der Radioshop liegt 24 Jahre und nur rund 30 km vom letzten Besitzer (Grüner Pfeil) entfernt. Alle Orte befinden sich in Kalifornien. Ich forsche weiter.

Die letzte Besitzerin in den USA

Aus den Unterlagen geht auch hervor, dass der Wagen zuletzt einer Cecelia Rena Cooper in Kalifornien gehört hat und im Sommer 2016 nach Europa sprich Holland exportiert wurde.


Bei der Recherche im Internet finde ich ein Interview von 2007 in dem sich David Cooper vorstellt.

Appeal Democrat

9. Februar 2007

Andy Arrenquin/Appeal-Democrat
David Cooper of the Highway 99 Auto Center has raced in the NHRA for about 25 years.

Die interessantesten Informationen seines Interviews sind:

  • Seine Familie: Frau Rena; die drei Söhne Michael, Brian und Todd sowie die Tochter Jennifer
  • Frage: Wenn Sie irgendein Auto aus irgendeinem Jahr haben könnten, welches wäre es?
  • Antwort: Ein 1969 Chevy Camaro (5 Jahre später war es soweit)

Das AutoCenter konnte ich nicht mehr ausfindig machen.


Title

Über die Fahrgestellnummer finde ich eine alte ebay-Auktion, bei der es sich mit Sicherheit um meinen Camaro handelt.

Inhalt der Beschreibung: 1969 Camaro. Dieses Auto wurde vor 4 Jahren für meine Frau restauriert. Es wurde weniger als 50 Meilen gefahren seit ich es für sie fertiggemacht habe, es stand die ganze Zeit nur in der Garage mit einer Abdeckung. Das Auto hat eine neue Haube, Front- und Heckspoiler. Alle anderen Metallteile sind original. Das Auto hat einen neuen Basislack und Klarlack, neue Reifen, komplette Innenausstattung von Cool Customs, neuer Dachhimmel, neues Radio. Alles neuer Chrome an der Außenseite des Autos, Stoßstangen, Schlösser, Griffe, Spiegel, Embleme, Blenden, Spitzen, Fensterschächte, neuer Grill, neue Stoßdämpfer, Stahl-Speichen-Lenkrad, Konsole, neues Kennwood Stereo-CD-Radio, neue Lautsprecher. Alles ist frisch und durchgesehen und bereit zum Fahren, Servolenkung, original 14“ Rallye Räder, überholter 307 Motor. Dies ist ein sehr schönes Auto, welches wir nur nicht nutzen. Meine Frau hat entschieden, dass sie mehr ein Hausboot als einen Camaro haben möchte. Dieses Auto ist zum Verkauf bepreist. Irgendwelche Fragen, ruft Dave an…

Ergänzung des Verkäufers: Das Fahrzeug kommt mit dem originalen kalifornischen schwarzen Kennzeichen und Handbuch

Im Hintergrund ist das Haus der Coopers zu sehen. Dank Google StreetView kann man das schön vergleichen. Hier muss man wissen, dass in den USA die Fahrzeuge das Kennzeichen ein Leben lang behalten, wenn sie im Bundesstaat bleiben. Die schwarzen mit gelber Schrift wurden bis 1970 benutzt, dann kamen blaue mit gelben Buchstaben. Der Camaro war also seit seiner ersten Zulassung in Kalifornien.

Allerdings passt die Angabe „6MWL844“ des Title nicht zu einem „Black Plate“. Diese hatten nur 6 Stellen. Die „6“ als führende Zahl gab es bei (Neu)Zulassungen ab 2011. Die Coopers haben den Wagen 2012 somit neu zulassen müssen, weil er vorher abgemeldet war. Dabei hat der Cooper dann eine neue „6“er Nummer bekommen. Das „Black Plate“ hatte eine andere Nummer.

Ebay-Anzeige

Das Höchstgebot wird mit US$ 24.656 angegeben. Das entspricht in etwa dem angegebenen Verzollungswert. Den ehemaligen Besitzer schreibe ich über ebay an und bitte um Kontaktaufnahme. Leider antwortet er nicht.


Im Inserat schreibt Mr. Cooper, dass die Inneneinrichtung durch Cool Customs eingebaut wurde. Dabei handelt es sich um ein kleines Unternehmen, welches sich auf die individuelle Innenausstattung von Fahrzeugen spezialisiert hat und diese nach Kundenwünschen anpasst. Sitz ist in 598 Garden Highway 16, Yuba City, CA 95991, USA, also nur wenige Kilometer vom Wohnsitz der Coopers entfernt.

Darüber hinaus haben wir Autoschlüssel bekommen. Diese sind bei einem Schlüsseldienst ähnlich unserem Mister Minit angefertigt worden. Die Firma The Key Pedaler ist eine Kette und eine Filiale war ebenfalls in der 455 N Palora Avenue, Yuba City, CA 95991 also auch nicht weit von den Coopers entfernt.

Alle Orte mal auf einer Karte:

Marysville
Coopers Karte, oberer Pin ist der Wohnort

Der Camaro wurde am 18.05.2016 abgemeldet. Am 23.06.2016 wird er dann im Hafen von Oakland/Kalifornien von den Zollbehörden für den Export freigegeben. Es scheint, dass der Camaro auf seinem Weg nach Deutschland sogar durch den Panamakanal gefahren ist.

Rückseite vom Title
Rückseite vom Title

Der Lochdruck auf dem Titel sagt folgendes:

VEH EXPORTVehicle Export (dt. Fahrzeug Ausfuhr)
+6-23-1623. Juni 2016
CBP OaklandCBP = Costums and Border Protection Oakland (dt. Zoll- und Grenzschutzbehörden)

Europa

Ankauf durch American Collectables

Der Import in die EU erfolgt durch American Collectables. Die Firma hat ihren Sitz im Latensteinseweg 2, 4005 EG Tiel, Niederlande. Sie ist spezialisiert auf den eigenen Kauf von Fahrzeugen in Kalifornien, Oregon, Montana und Nevada. American Collectables hat den Camaro gekauft und dann importiert. Da der Händler auch einen unscheinbaren Verkaufsraum hat, wurde der Wagen dort sicherlich angeboten.

In der Hoffnung weitere Informationen zu bekommen, suche ich im Internet die Telefonnummer von American Collectables heraus.

20.05.2019

Ich rufe an und telefoniere eine gute halbe Stunde mit Dennis van Lith, dem Chef und Inhaber der Firma. Er berichtet über seine Arbeit:

Dennis reist mehrmals im Jahr in die USA, besucht dort andere Händler und große Verkaufstage, auf denen Amerikaner ihre Fahrzeuge anbieten. Die Verkaufsflächen, wie Wiesen und Parkplätze, sind riesig, mit Hunderten von Fahrzeugen. Gute Autos sind schnell weg, also inspiziert er jedes Fahrzeug sorgfältig und kauft sie direkt an Ort und Stelle. Zudem geht er aktiv Tipps nach und fährt über das Land, um Fahrzeuge zu finden. Allerdings wird die Suche nach qualitativ hochwertigen Wagen immer schwieriger und teurer.

Oft verkauft er Fahrzeuge in den USA direkt an amerikanische Händler. Besonders Camaro und Chevelle sind auch in den USA gefragt und werden zu hohen Preisen gehandelt.

Im Schnitt bringt er jedes Jahr 130 Fahrzeuge nach Europa. Wenn er ein gutes Fahrzeug findet und kauft, schickt er bereits erste Fotos an Händlerkollegen in Europa. So sind mache Fahrzeuge bereits weiterverkauft, noch bevor diese in Rotterdam ankommen. Dennis nutzt eigene Container, um die Fahrzeuge zu laden und zu verschiffen. Sobald die Container voll sind, werden sie seefertig gemacht. Der gesamte Prozess zwischen dem Kauf und der Ankunft in der EU dauert zwischen vier und zwölf Wochen.

In der Werkstatt in den Niederlanden werden die Fahrzeuge erneut überprüft und dann weiterverkauft.

Er erinnert sich tatsächlich sofort und weiß, dass der Vorbesitzer in Yuba City lebt. Dennis war vor Ort, hat über eine Stunde mit dem Verkäufer gesprochen, den Wagen genau inspiziert und schließlich gekauft. Der Vorbesitzer hat den Camaro für über $10.000 restaurieren lassen und im Z/28-Stil umgestaltet. Dennis bestätigt, dass der Camaro eine erstklassige Karosserie hat, der Innenraum komplett neu ist und eine neue Motorhaube hat.

Er ist sich sicher, dass alle Unterlagen und Zubehör von ihm an den deutschen Händler weitergegeben wurden. Leider ist nicht mehr bekannt, wann und wo das Black Plate verloren gegangen ist.

Ankunft in Europa

Am 03.08.2016 werden die Zoll-/Einfuhrformalitäten in Holland abgewickelt. In der Zollbescheinigung wird der Fahrzeugwert mit 22.678,00 EUR angegeben. Das sollte der Kaufpreis in den USA sein. Wird der Wechselkurs von Februar bis August zu Grunde gelegt war der Kaufpreis in den USA rund USD 25.500.

Der deutsche Händler hat den Wagen hier gekauft und nach Deutschland überführen lassen.

Deutschland

Am 16.04.2017 wird er beim deutschen Händler der Classic Car Ranch mit einem Tachostand von 76643 angeliefert.

Das Team um Michael haben bei Google Street View 360° Panoramen hochgeladen; auf denen steht der Cooper kurz vor der Übergabe an mich. Danach beginnt meine Geschichte mit dem Wagen.

Kilometerstand

Die genaue Laufleistung des Fahrzeugs ist schwer zu bestimmen, und ich bin wahrscheinlich mindestens der vierte Besitzer. Wenn wir das Alter von 50 Jahren betrachten und die angegebene Laufleistung von etwa 76643 Meilen (entspricht 123344 km) berücksichtigen, hätte der Camaro durchschnittlich nur etwa 1500 Meilen (bzw. 2500 km) pro Jahr zurückgelegt, was sehr unwahrscheinlich ist.

Falls der Tacho bereits einmal „genullt“ hat, würde dies einer Laufleistung von etwa 176643 Meilen (rund 285000 km) entsprechen, was einem Durchschnitt von 3500 Meilen (bzw. 5700 km) pro Jahr entspricht.

Statistische Untersuchungen zeigen, dass Amerikaner in den 70er Jahren durchschnittlich etwa 30 km pro Tag gefahren sind, was sich bis in die 80er Jahre auf etwa 50 km pro Tag erhöhte. Unter der Annahme von Stillstandsjahren, besonders bevor die Coopers das Auto gekauft haben, erscheint die Laufleistung von 285000 km als wahrscheinlich.

Nur wenn wir lange Stillstandsjahre berücksichtigen und in den letzten Jahren wenige Kilometer gefahren wurden, könnte die reproduzierbare Laufleistung bei rund 123000 km liegen. Allerdings deutet das neue Kennzeichen darauf hin, dass das Fahrzeug mehr als zwei Jahre stillstand.

Bis Ende 2023 habe ich persönlich etwa 9000 km zurückgelegt, was einem Jahresdurchschnitt von etwa 1500 km entspricht – eine vergleichsweise geringe Fahrleistung.