Veröffentlicht am 10. September 2022
Aktualisiert am 12. Mai 2023
Inhalt

Allgemeines
Auf dieser Seite gebe ich den Kaufwilligen ein paar Tipps für die Besichtigung eines Camaros, insbesondere des 1969 Baujahrs. Die Anleitung kann auch zum Bewerten von Fotos dienen.
Auf die typischen Macken eines 50 Jahre alten Autos wie Rost, Fahrwerks- und Bremsenprobleme oder andere Defekte an Getriebe, Motor und Bordnetz gehe ich in dieser Kaufberatung nicht weiter ein, dazu eignen sich andere Seiten u. U. besser. Empfehlen würde ich für diesen Fall die Kaufberatung bei TRÄUME WAGEN, welche direkt für den Camaro gedacht ist. Auch allgemeine Oldtimer-Kaufberatungen sind sehr gut geeignet, die große Suchmaschine hilft. Sehr modellunabhängig und umfangreich ist die Kaufberatung der Oldtimer-Hobbywerkstatt.
Sehr hilfreich als Kompass, ist der von Motorbooks im Jahr 2001 veröffentlichte „Original Chevrolet Camaro 1967-1969 – The Restoration Guide“, welcher 2019 in neuer Auflage auf den Markt kam. Das Buch ist mein absoluter Favorit. Es ist jedoch kein Restaurationshandbuch, wie der Name vermuten lassen würde, sondern ein Wegweiser durch die Modelljahre und Varianten der 1. Generation; ISBN: 978-0-7603-6590-8. Das Buch geht auf die Unterschiede der Modelljahre ein und ist sehr detailliert bei der Aufstellung und Erläuterung der einzelnen Ausstattungen. Es wird sehr gut dargestellt, wie die Versionen und Ausstattungsdetails aussahen und was die Unterschiede waren. Weitere Buchempfehlungen sind auf der Seite Literaturkritiken zu finden.
Einen groben Überblick gibt es ebenfalls auf meinen Seiten zu den einzelnen Modelljahren (1967, 1968 und 1969).
Fahrzeugherkunft
Im Übrigen sollte man sich auf Aussagen zur Qualität des Wagens auf Grund der bestätigten Herkunft nicht blind verlassen. Kontrolle ist besser.
So genannte California Black Plate Cars sind u. U. genauso durchgerostet; Stichwort: Salzhaltige Meerluft, wie Fahrzeuge aus den feuchteren und schneereichen Regionen bzw. Bundesstaaten der USA; Stichwort: Salzgestreute Winterstraßen.
Auch haben die Beachboys der 60er und 70er die Fahrzeuge gern mit an den Strand genommen und sind damit sogar durchs (Meer)Wasser gefahren. Oklahoma gilt im Winter als der „Salzstraßen“-Staat, dennoch können Fahrzeuge bei guter Pflege oder seltener Winternutzung durchaus rostärmer sein, als Fahrzeuge aus Arizona, New Mexico oder Texas.
Mein Camaro stammt aus San Francisco und hat sein Leben im Umkreis von 200 km verbracht. Er ist also ein echtes Black Plate Car, welches bis zum letzten US-Besitzer sogar geblieben ist.
Dennoch waren beide Endspitzen der hinteren Kotflügel schön durchgerostet. Auch hatte der Kofferraum an der Aufnahme des Reserverades ein großen Loch. Leichte Roststellen sind auch auf der Kante des Armaturenbrettes zur Windschutzscheibe.
Die Hohlräume wie auch alle Bleche im Kofferraums und der Unterboden sind von Flugrost übersäht, was der mangelhaften Vorsorge durch Chevrolet zu verdanken ist.
Allerdings ist darüberhinaus alles okay. Die originale Chevy-Rostschutzfarbe ist überall zu sehen. Teils kann man nachträglichen Korrosionsschutz erahnen.








Originalität
Ich zitiere mal:
Camaros wurden zu einer Zeit in Massenproduktion hergestellt, als es darum ging, so viele Autos wie möglich zu bauen, ohne sich Gedanken über die Einheitlichkeit von einem Auto auf dem Fließband zum nächsten zu machen. Für jedes Auto, das genau in die Parameter dessen, was als „richtig“ gilt, passt, gibt es mindestens zwei, die es nicht tun, aber genauso original sind wie an dem Tag, als sie vom Band rollten.
„Camaro Restoration Guide1967-1969“, Motorbooks, 1997. ISBN: 978-0-7603-0160-9, Seite 7
Darin eingeschlossen sind erklärterweise Abweichungen bei der Montage, bei Teilen und Toleranzen. Hinzu kommt, dass Chevrolet in seiner Preisliste 81 Extras führte, welche ab Werk verfügbar waren und noch mal 41 die vom Händler selbst montiert wurden. Viele Eigner rüsteten im Laufe der Zeit weitere Extras nach, auch originale von Chevrolet. Selbst diese Camaros zählen zu den Originalen.
Wie immer zählt: Originale Dokumentation wie Protect-O-Plate, BuildSheet, Rechnung u. a. steigern den Preis, weil damit natürlich die Ausstattung, Farbe und Motorisierung sowie Auslieferung und Erstbesitz „nachgewiesen“ werden können.
Einige Amerikaner entfernen zu Restaurationszwecken die Cowl Tag aus dem Motorraum. Ein Fahrzeug ohne oder lose beigelegter Cowl Tag/Trim Tag würde ich nie kaufen.
Ziel der Kaufberatung
Mir geht es hier um die Vollständigkeit vs. Fehlteile des Wagens, Originalität vs. Umbauten und das Minimum des Vorhandenseins der korrekten zum Modell passenden Komponenten.
Die Aufteilung erfolgt sinnvoll nach Karosserie, Innen– und Motorraum sowie Unterboden bzw. Fahrwerk.
Dabei muss natürlich jeder für sich entschieden haben, was er möchte und toleriert. Auch ich habe an meinem Wagen Änderungen und Umbauten vorgenommen, die einem zukünftigen Käufer vielleicht nicht gefallen. Das Rückrüsten bzw. Herstellen in den Originalzustand kostet Geld. Die Verfügbarkeit von Teilen ist nicht das Problem, die Preise in den USA sind auch moderat – im Vergleich zu Mercedes und Co. sogar recht günstig – aber es kommen Transport und Einfuhrabgaben hinzu. Ausführlicher habe ich das auf der Seite Teilebeschaffung beschrieben.
Ich verfolge gelegentlich die Angebote auf Onlineplattformen sowie einiger Händler in Deutschland und Übersee. Insbesondere natürlich für den 1969er. Die eine oder andere Plattform und den einen oder anderen Händler liste ich auf meiner Seite Marktlage.
Mir fallen auf den Fotos immer wieder nicht zusammenpassende Details oder Fehlteile auf. Manches ist unwichtig, anderes zieht zur Herrichtung hohe Kosten nach sich, wieder anderes löscht die H-Zulassung.
Meine Kaufberatung eignet sich daher am Besten in Kombination mit einer typischen Oldtimer-Kaufberatung wie weiter oben erwähnt.
Auf dieser Seite möchte ich dies anhand von Fotos und Beschreibungen darstellen.
Vorbereitung
CowlTag / TrimTag
Alte Fahrzeuge haben neben der Fahrgestellnummer auch Blechmarken mit geprägten Angaben über Ausstattung und Farben. Heute findet man ähnliche Angaben auf Aufklebern z. B. im Kofferraum. Die Blechmarke bei den Amerikanern ist oberhalb des Hauptbremszylinders bzw. Bremskraftverstärkers an der Spritzwand im Motorraum zum Fahrgastraum, welches im Englischen „Cowl“ genannt wird, angebracht. „Tags“ sind Werte bzw. Angaben, daher „Cowl Tag“ oder auch „Trim Tag“. „Trim“ bedeutet Schnitt/Zuschnitt und steht in diesem Zusammenhang für Ausstattung. Das klärt, welche Innen- und Außenfarbe der Wagen ab Werk hatte, ob ein Vinyldach vorhanden war und die „X“-Nummern als Angabe ob z. B. RS oder SS.
Die Farb- und X-Codes habe ich auf meiner Seite „Farben und Formen“ aufgelistet.
Lasst euch vom Verkäufer auf jeden Fall das Foto der Cowl Tag schicken. Ein von der Camaro Research Group (kurz CRG) programmierter VIN-Dekoder, der unter Windows läuft, klärt viele Fragen zu dem Thema auf und ist für alle drei Modelljahre nutzbar. (Die Datei ist gezippt.)
Auch ein Foto der FahrzeugIdentifikationsNummer (FIN) – früher Fahrgestellnummer – oder engl. Vehicle Identification Number (VIN) sollte nicht fehlen. Beim 1969er ist diese als Blechmarke hinter der Windschutzscheibe auf der Fahrerseite im Armaturenbrett.
Aus der FIN geht, neben der Info Coupé oder Cabriolet die wichtige Info hervor, ob es sich um einen 6- oder 8-Zylinderwagen handelt. Darüber hinaus ist ein Teil der FIN auch auf dem Motorblock vorhanden. Die Zahl ist vorn auf dem Block Beifahrerseite eingeschlagen. Wenn beim Vergleich der letzten sechs Stellen der FIN und die letzten sechs Stellen auf dem Motorblock gleich sind, dann handelt es sich um den originalen Motor – wird „Matching Numbers“ genannt, weichen die Zahlen ab, ist der Block nicht mehr original. Die ersten beiden Ziffern geben dann an, ob es wenigstens ein Chevy-Block (= 1) ist und welches Baujahr (1969 = 9) er hat.




Da der Interessierte den Traumwagen nicht ums Eck findet, wird die Suche über ganz Deutschland oder ggf. sogar über das Ausland gedehnt. Bei der ersten Kontaktaufnahme (egal ob per Telefon oder Mail) mit dem Verkäufer ist es ratsam, eine Liste mit Fragen parat zu haben. In der Regel ist das Inserat nicht erschöpfend genug, um alle wichtigen Punkte zum Wagen zu klären. Ich hab da mal was vorbereitet!
Sollte ein Besichtigungstermin dann vereinbart werden, ist es unbedingt zu empfehlen, eine Checkliste für die Besichtigung des Kandidaten mitzunehmen. Ich hab auch da mal was vorbereitet!
Das man Rost-, Spachtel- und Flickstellen sucht sowie die Technik und Elektrik auf Funktion prüft, sollte selbstverständlich sein. Im Zweifel ist es immer angeraten, einen Fachkundigen mitzunehmen. Entweder jemanden der sich auskennt oder einen echten Gutachter.
Zu einem Problem kann es werden, wenn der Kaufinteressierte eine rosarote Brille auf hat, Macken und Fehler abtut („Ja nu, geht schon“) oder unterbewertet („Ist nicht so schlimm“).
ALSO: Objektiv bleiben!
Los geht es
Karosserie
Im Grunde ist die Karosserie nicht das Problem, da kann man nicht viel falsch machen. Wichtig sind Rost- und Spachtelkontrolle. Bei der Karosse ist aber die Vollständigkeit und Richtigkeit der „Ausstattung“ entscheidend. Das geht von Emblemen zu Zierleisten, die selbstverständlich ausstattungs- und versionsabhängig variieren.
Nachfolgend Beispiele für zwei originale Basis-Camaros ohne Schnick-Schnack und im originalen Zustand:
- Keine Chrom-Spangen an der Seitenwand
- dann auch kein Chromrand an den Radkästen oder der Regenrinne
- keine senkrechten Streben in den Rückleuchten
- große Radkappen
- kein Heckspoiler
- Antenne auf Heckkotflügel war ein Extra
- kein Beifahrerspiegel
- Silberner Standardgrill
- Flache Standardmotorhaube
- Keine Stoßstangenhörner (Bumperguards)
- kein Beifahrerspiegel


Die Antenne auf der hinteren Seitenwand vom weißen Camaro ist nicht Standard, war so aber ab Werk bestellbar. Genauso wie das Vinyldach der beiden oben gezeigten, welches in verschiedenen Farben lieferbar war. Die „Bumperetts“, also die kurzen Chromspangen an der Heckstoßstange (rechts und links vom Kennzeichen) waren ebenfalls Option.
Dann die Luxusvariante von originalen SuperSport-Camaros:
SS-Camaro
- SS-Symbole an den Kotflügeln und im Grill sowie
- die funktionslosen Luftauslässe auf der Haube
- 396 am Kotflügel passt zum Rest und deutet auf einen Big Block
- die Hockey-Sticks genannten Streifen passen farblich zum Dach und gehören zum SS
SS/RS-Camaro
- SS-Symbole an den Kotflügeln und im Grill sowie
- die funktionslosen Luftauslässe auf der Haube
- 396 am Kotflügel passt zum Rest und deutet auf einen Big Block
- die Hockey-Sticks genannten Streifen passen farblich zum Dach und gehören zum SS


Sehr häufig wurden Z/28- oder SS-Logos nachgerüstet. Dann fehlen aber viele andere Merkmale am Fahrzeug. Die Motorhauben wurden ebenfalls gern getauscht. Sollte der Wagen die „Haifischkiemen“/Spangen vor den hinteren Radkästen haben, so gehören zu der Ausstattungsoption (RPO Z21) auch die Chromkanten der Radkästen, der Dachrinne und Streben in den Rückleuchten. Ein unauffälliges Detail sind Chromringe auf den Rahmen der Scheinwerfer beim nicht RS-Modell.
Front und Heckspoiler waren ein Extra und wurden ab Werk lediglich bei rund 35.000 Fahrzeugen mit bestellt. Heute tragen bestimmt 90 % aller Camaros Spoiler. Weiteres dazu weiter unten.
Folgend ein paar Fotos von unverfuschten originalen Camaros:






Fast jeder Camaro hat zwischenzeitlich einen Front- und Heckspoiler bekommen. Die waren als Extra bestellbar. Dann gehörte aber eine stärkere Heckklappenfeder mit dazu. Ansonsten fällt die geöffnete Klappe immer zu.






Ein besonders trauriges Exemplar ist folgendes:



Heckspoiler und Z/28-Streifen
Wie auf den Bilder gut zu erkennen ist, haben viele Camaros Heckspoiler und die breiten Z/28-Streifen. Bei neu lackierten Karosserien und nachträglich aufgesetzten Heckspoilern ist die Lackierung u. U. nicht ab Werk ausgeführt. Dabei wird der Kofferraumdeckel bis um den Rand lackiert, wie auf dem Foto vom roten Wagen zu erkennen. Beim gelben ist die Lackierung korrekt. Die Streifen sind allerdings auch sichtbar, wenn ein Fahrzeug mit Streifen bereits beim Händler vor der Übergabe an den Kunden mit einem Heckspoiler versehen wurde.


Heckspoiler und Camaro-Logo
Bei nachträglich aufgesetzten Heckspoilern, egal ob vom Händler oder Besitzer, stört das originale Camaro-Logo. Das wird dann einfach wegrationalisiert. Die Originalität leidet dann wieder. Bei Camaros mit originalem Heckspoiler ab Werk befindet sich das Logo etwas oberhalb des Spoilers, ist also sichtbar.



Innenraum
Der Innenraum ist im Regelfall nach 50 Jahren nicht mehr original. Die Nähte reißen, Teppiche sind durchgetreten, Kunststoffteile brechen. Also wird dieser irgendwann im Autoleben überholt, restauriert oder erneuert.
Auf Grund der Verfügbarkeit und Preisgestaltung, als auch dem Modegeschmack geschuldet, werden heute häufig schwarze Bezüge verwendet. Wenn komplett gewechselt wird, ist das okay – Original ist es dann nicht mehr. Meist werden defekte Teile einfach weggelassen.
Folgend ein Foto eines perfekten dunkelgrünen Interiors mit Automatikwählhebel auf der Mittelkonsole.

Nachfolgend ein paar Fotos von weiteren sehr schönen Innenräumen:






Schauen wir uns also an, was so alles zusammen gestrickt wurde. Es reicht von Kleinkram bei dem man schmunzeln kann bis hin zu Krachern, bei denen man mit dem Kopf schüttelt.
Für mich schwierig sind „Tuningmaßnahmen“ durch das Nachrüsten von Drehzahlmessern oder dem Aussägen der Instrumententafel. Wenn das zurückgerüstet werden soll, wird es sehr teuer.










Motorraum
Im Internet kursieren sehr viele Fotos und natürlich auch Angebote von SS-Modellen und Z/28. Es gibt Massen an Fahrzeugen, welche von R6 auf V8 umgerüstet wurden. So gab es zum Beispiel nie einen „einfachen“ 427. Die Fahrzeuge waren dann COPO Camaros, auch ein 454 wurde nie in einem Camaro angeboten.
Sehr sehr häufig werden einfach die Logos gewechselt (siehe Abschnitt Karosserie). Ob man nun einen echten V8, SS oder gar Z/28 hat, klärt die o. g. Cowl Tag.
Auf meiner Seite „Motorisierungen“ habe ich die Verkaufszahlen aufgelistet und gegenübergestellt.
Als erstes ein Bild von einem vorbildlichen Motorraum eines 396er Big Block Motors, der originalgetreu restauriert wurde.
- 396er Zeichen auf dem Luftfilter, wobei der originale Filter der schwarze geschlossene Topf war
- Heizungsschläuche gehen mittig in den Heizungskasten = Original Big Block (Small Block weiter rechts)
- „P T B“ sind die Stempel der Chevrolet-Qualitätssicherung und werden bei originalgetreuen Restaurationen gern wieder angebracht
- Originale(getreue) Hupen
- Scheibenwaschanlage in Betrieb
- Originale Pole der Batterie
Rechts ein schöner Reihensechszylinder im originalen Zustand. Komplett und unverbastelt.
- Originale Hupen
- Der Luftfilterkasten ist original, wird aber gern gegen offene Filter getauscht
- der Reihensechszylinder benötigt Pflege
- Zettel vom letzten Ölwechsel
- kein Bremskraftverstärker, aber Servolenkung


Schöne komplette Motorräume sehen so aus:

Bei einem „normalen“ 50 Jahre alten Auto wurde häufig soviel umgebaut, dass der Motorraum nicht mehr so aussieht. Durch Nachrüstungen oder Swapping des Motors stimmt vieles nicht mehr.
Folgend mal Fotos von verfuschten Motorräumen.






Ein wichtiger Hinweis zum Schluss: Es gab nie einen Z/28 mit Automatikgetriebe!
Ich hoffe, dass die Kaufberatung für den Chevrolet Camaro der 1. Generation ausreichend und verständlich ist. Inhaltlich werde ich nach und nach einiges ergänzen. Falls ihr Wünsche und Ideen hab, zögert nicht mir zu schreiben.