Entwicklungsgeschichte

Die Etappen zum fertigen Camaro

Veröffentlicht am 19. August 2019
Aktualisiert am 27. November 2023

Lesenswertes zur Entwicklung des Camaro ist auch auf der englischsprachigen Seite „Project XP-836 „F“-Car von der Entwicklung zur Produktion“ zu finden.

Vorgeschichte

An der Entwicklung des Ford Mustang hat GM eigentlich selbst schuld. 1961 listete Lee Iacocca die Modellreihen von Ford und Chevrolet nebeneinander auf. Ford hatte für jedes eigene Modell einen Konterpart bei Chevy. Lediglich für den kompakten Corvair Monza als sportliches Coupé fand er keine Entsprechung. So forderte er die Entwicklung eines entsprechenden Coupés, welches schließlich zum Mustang, auf Basis des Ford Falcon wurde. Der Mustang nahm die entscheidenden Elemente (wie z. B. Einzelsitze, flache Silhouette) des sportlich kompakten Corvair auf, kombinierte dies aber mit konventioneller Technik: also Motor vorn.

In den frühen 60ern fertigte GM bereits erste Entwürfe für kleinere sportliche Coupés an. 1963 wurde der Buick Riviera als großes luxuriöses Coupé eingeführt und verkaufte sich sehr gut. Die Chevrolet-Designstudios entwickelten darauf hin einen Entwurf für ein kleineres Coupé ebenfalls mit vier Plätzen und einem Preis um 2500 USD, um die Reihe nach unten abzuschließen. Dieser Entwurf wurde Semon „Bunkie“ Knudsen (Chevrolet General Manager) von Bill Mitchell (GM Vice President der Styling Abteilung) und Irvin Rybicki (Chevy Chefdesigner) vorgestellt. Letztlich wurde die Idee verworfen, weil Chevy bereits fünf Modelle im Programm hatte und mit dem Corvair auch bereits ein Coupé. Man wollte keine weitere Modellreihe aufnehmen.

Nachdem Mitte 1963 fest stand, dass der Ford Mustang produziert wird, wies das Management von General Motors den Chef-Designer Henry C. Haga im Chevrolet-Styling-Studio 2 an, einen Sportwagen zu entwerfen, wobei George Angersbach für das Styling des Innenraums verantwortlich war. Als Designdirektor war Haga später bei Opel in Deutschland beschäftigt.

Einige Wochen vor Beginn der Produktion des Ford Mustang wurde bereits im Frühjahr 1964 auf der New Yorker Auto Show der, auf dem Chevy II basierende, „Super Nova“ vorgestellt, welcher ebenfalls im Studio 2 entstand.

Apr. 1964: Der Super Nova

Es gab eine Vereinbarung zwischen Ford und GM, dass kurz vor der Veröffentlichung eines neuen Modells der jeweils andere Hersteller ein Vorserienmuster für Tests bekommt. So war es auch beim Ford Mustang. Hier erhielt GM rund vier Wochen vor der Premiere ein Fahrzeug. Anders als der Camaro, basierte der Mustang komplett auf einem vorhandenen Modell und war, einfach gesagt, nur ein neu gestylter Ford Falcon. Das war auch der Grund, weshalb GM den Wagen nicht Ernst genug nahm und sich sicher war, dass der Corvair und der Chevy II ausreichende Alternativen zum Ford waren. GM betrachtete den Mustang anfangs nur als Strohfeuer und die hohen Verkaufszahlen lediglich als kurzen Erfolg.

Da sich das nicht bestätigte, wurde letztlich das mit der Entwicklung der Mustang-Konkurrenz beauftragt.

Haga war mit dem Studio 2 auch am Design des Corvair von 1965 sowie der 1968er Corvette und dem Nova beteiligt. Angersbach war ebenfalls für das Innenraumdesign aller sportlichen Chevrolets einschließlich der Corvette, des Corvair und Chevy II verantwortlich. Alle Entwicklungen von Design und Technik der vorgenannten Modelle flossen in das Design des Camaro.

Das XP-386-Projekt begann am 16. Juli 1964 im Planungsstab. Neben dem Viersitzer erwägen Haga und Angersbach 1964 auch einen zweisitzigen Roadster, einen Kombi und ein Fließheck.

Das Projekt wurde unter der Nummer XP-836 weitere 2 Jahre lang unter Verschluss gehalten. Am 14. Juli 1964 dann der erste Entwurf als XP-196XDer Super Shark– für die Anzeige auf Renderings und Tonmodellen im Maßstab 1:1 (Mystery-Wettbewerb). Als XP-836 wird das Modell jedoch dann weiterentwickelt.

Um für den Mustang einen überlegenden Gegner zu entwickeln, waren die wesentlichsten Vorgaben ein Auto zu bauen, dass

  • sich besser bewegen lässt,
  • schneller ist,
  • sich ruhiger fahren lässt und
  • in allen Abmessungen etwas größer ist.

Weitere Charakteristika waren 1964:

  1. Platz für vier Personen in einem Fahrzeug mit niedriger Silhouette, bei dem der Mitteltunnel die Platzverhältnisse und den Komfort nicht stark einschränkt.
  2. Die Verwendung konventioneller Antriebstechnik und vorhandener Motoren.
  3. Ein Antriebsstrang für manuelle 3- und 4-Gang-Getriebe sowie 2- und 3-Gang-Automatikgetriebe sowohl mit Lenkstockschalthebel als auch Schalthebel auf der Mittelkonsole.
  4. Hinterradantrieb mit Starrachse und Übersetzungsverhältnissen von Economy bis Sport.
  5. Ein Fahrwerk, dass scharf definierte, sportwagenähnliche Fahrbar- und Wendigkeit bietet und ein überlegenes Fahrverhalten und eine bessere Geräuschisolation von Fahrbahn und Antrieb bringt.
  6. Eine vollständige Auswahl von Extras und Komfortausstattungen sowie ein umfangreiches Paket an Innenausstattungen.

Die Werbeabteilung begann im Juli-August 1965 Fotos von allem zu machen, vom Zeichenbrett über Tonmodelle bis hin zu verschiedenen Merkmalen des fertigen Autos. Ein wichtiges Projekt waren die Bemühungen um einen LIFE-Magazin-Artikel über die Geburt des Camaro. Das Auto hatte noch keinen Namen und der Artikel kam auch nicht zustande. Er wurde durch den Artikel „Frey-Mustang gegen Estes-Camaro“ ersetzt, der im September 1966 erschien. Viele der Fotos wurden in verschiedenen Magazinartikeln verwendet. Das Fortune-Magazin kann die ursprünglich für Life geplante Bildgeschichte später noch veröffentlichen.

Letztendlich entschied sich General Motors für das Coupé und Cabriolet mit einem größeren Innenraum und baute es auf einer Plattform, die mit dem neu geplanten Pontiac Firebird geteilt werden sollte.

Für viele notwendige Berechnungen bei der Entwicklung wurden von Chevrolet erstmals Computer in großem Umfang eingesetzt. Dies u. a. für die Karosseriestatik, als auch die Dimensionierung der Federung. Die Entscheidung den Hilfsrahmen als Motor- und Fahrwerksträger einzusetzen, war für die damalige Zeit sehr ungewöhnlich. Üblicherweise hatte Fahrzeuge entweder einen starren Rahmen, auf dem die Karosserie ruhte oder bereits eine selbsttragende Karosserie.

Noch ungewöhnlicher war die Verbindung des Hilfsrahmens mittels Gummibuchsen, andere Hersteller nutzten zwar einen Hilfsrahmen, schweißten diesen aber an die Karosserie, so dass es keine Entkopplung zum Antriebsstrang und der Straße gab. Einzig Mercedes verwendete diese Technologie bei einigen Modelle und Opel beim Admiral. Sämtliche Fahrwerkskomponenten wurden mit Gummielementen mit der Karosserie verbunden, es gibt keine starre, geschraubte oder geschweißte Verbindung.

Während Chevrolet für den kompletten Entwurf des Designs verantwortlich war, lag die Entwicklung der statischen Karosserie bei den Fisher Body Ingenieuren. Durch Fisher wurden sämtliche Bleche geformt, versteift und die Machbarkeit definiert. Auch die Position von Schrauben, Schweißpunkten und Aufhängungen oblag Fisher. Sie fertigten die Formenwerkzeuge und entwickelten den Fertigungsprozess auf den Linien. Chevy selbst fertigte die Bleche der Front.

Der Panther

Der Wagen trug verschiedene Namen wie „Panther“, „Wildcat“ und „Chaparral“, während GM sich für eine Werbekampagne rüstete.

Der interne Codename wurde zu „F-Auto“. Im November 1965 wurden die Autos erstmals den Chevrolet-Vertriebsleitern und Kreativen sowie der Werbeabteilung vorgestellt. Inzwischen war aus dem Auto „Der Panther“ geworden. Es wurde viel über diesen Namen spekuliert und die Öffentlichkeit akzeptierte ihn. Public Relations begann mit den Planungen für eine Pressekonferenz im Juli. Es wurden Vorschläge für verschiedene Möglichkeiten der Bekanntmachung des Autos gemacht; für die ersten Vorführungen und für fotografische Arbeiten wurden bestimmte Autos benötigt. Die kreative Arbeit in Campbell-Ewald begann sofort. Dazu gehörten Kataloge, Direktwerbung, Verkaufsförderung und natürlich Drucksachen für den Außenbereich und Fernsehen/Radio.

Die Werbeabteilung begann im Januar/Februar 1966 mit der Fotografie von Testprototypen und Styling-Modellen; es folgten frühe Tests.

Im März 1966 wurde beschlossen, gegen Anfang September die ersten 20 Camaros mit Topausstattungen für eine Pressefahrt zusammenzustellen und in die USA zu schicken. Es wurde eine Auswahl der teilnehmenden Städte und Redakteure getroffen.

Auf einer Pressekonferenz im April 1966 der New Yorker Auto Show wurde zugegeben, dass der neue Wagen 1967 in der Corvair-Chevy II-Reihe sein wird. Bislang wurde noch kein Name genannt.

Die erste Präsentation fand im Mai 1966 statt. Das Projekt war bis dahin immer noch unter dem Namen „F“-Auto bekannt.

Vorstellung des Panther in der Zeitschrift „Motor Trend“ vom August 1966

Der Panther geht in den Wettbewerb einmal besser mit dem Angebot von drei Serien. Dies sind der einfache Panther, der RS (für Rally Sport) und der SS (für Super Sport). Allerdings, ist es im Moment nur eine Karosserieform, ein Hardtop als halber Weg zwischen Steil- und Schrägheck.

Beim RS und SS klappt der gitterförmige Kunststoffgrill, mit einer rauhen Lackierung, an den Enden nach oben um die Scheinwerfer freizulegen. Beim Standardmodell sind die Scheinwerfer immer sichtbar. Der SS hat funktionelle Lufteinlässe für die Entlüftung des Motors und einen einzigartigen lackierten Rennstreifen, der wie ein Band um die Nase gezogen ist.

Die Rückansicht von allen Modellen zeigt die endgültig beschlossenen dünnen rechteckigen Leuchten. Der große Tankeinfüllstutzen befindet sich zentral in der konkaven Rückwand. Die einzige störende Anmerkung ist die Verwendung falscher Wettbewerbsradkappen am RS und SS.

Übersetzung des o. g. Zeitungsartikels

Am 29. Juni 1966 wurde eine Pressekonferenz in 14 Städten abgehalten, um den Namen „Panther“ zu begraben und den neuen Namen CAMARO bekannt zu geben. Allgemeine Informationen über das neue Auto werden bekannt gegeben. Estes‘ Gag-Geschichte, wie er auf den Namen kam, war, dass er sich in einen Schrank einschloss und mit dem CAMARO herauskam.

Für Juli bis September 1966 lud die Public Relations alle wichtigen Magazine in den Proving Grounds für Briefings, Fahrten und Interviews zu allen Aspekten des Fahrzeuges ein. Fotos und Spezifikationen wurden verteilt. Die Publikationen für die September-Ausgabe boten eine breite Fotoberichterstattung. Radio/TV-Kits wurden verteilt.

Am 5. September 1966 erschienen Lockanzeigen. Dann am 6. September 1966 erscheinen erste Camaro-Anzeigen in Zeitungen.

Auf der Chevrolet Sales Convention am 22. und 23. August 1966 in Detroit ist der Camaro der große Hit der Messe.

Camaro Design
Juli 1966, vorn Studie vom 1967, dahinter das Modelljahr 1967

Meilensteine

Folgende Tabelle listet die wichtigsten Meilensteine der Entwicklung in chronologischer Reihenfolge.

Entwurf eines Coupé in Anlehnung an den Buick RivieraAnfang 1963
Vorstellung des auf dem Chevy II basierenden „Super NovaApril 1964
Der erste Entwurf als XP-196X „Super Shark14. Juli 1964
Das Chevrolet F-Car-Programm erhält vom GM-Management grünes Licht8. August 1964
Vorläufige technische Spezifikationen abgeschlossen25. August 1964
Das Styling beginnt26. August 1964
Vorversuchsfahrzeuge, die aus verkleideten Chevy II zusammengesetzt werdenSeptember 1964
Blechstyling gelöstDezember 1964
Beginn von Werbemaßnahmen für ein neues Modell ohne NamenJuli-August 1965
Stoßstangen, Gitter, Lampen in Ordnung17. August 1965
Instrumententafeln fertiggestellt19. September 1965
Äußere Verzierungen im Wesentlichen abgeschlossen30. September 1965
Blechbearbeitungswerkzeuge (Pressen, Roboter) fertig14. November 1965
Handgefertigter Prototyp Nr. 1 abgeschlossen16. Dezember 1965
Technische Unterlagen fertig13. Januar 1966
Materialbestellungen abgeschlossen24. Februar 1966
Letzter Musterwagen-Prototyp fertig5. Mai 1966
Musterzulassung abgeschlossen2. Juni 1966
Die Pilotmontage beginnt17. Mai bis 5. Juni 1966
Pressekonferenz in 14 Städten 29. Juni 1966
Start der Volumenmontage7. August 1966
Camaros in den Ausstellungsräumen29. September 1966

29. September 1966

Die Camaro-Werbung bestand aus Zeitungen, Zeitschriften, Radio, Fernsehen und einem sechsminütigen TV-Spektakel. Public Relations veröffentlichte ein Pressepaket mit Fotos, Spezifikationen und Hintergrundgeschichten. Das Pressepaket wurde landesweit verschickt. Eine allgemeine Pressekonferenz wird mit 25 Camaros abgehalten, wobei 100 Pressevertreter anwesend sind. Eine weitere Pressekonferenz mit Fragen und Antworten, Fahrten auf dem Testgelände bei dem die Pressegäste im Umgang mit dem Camaro gegeneinander antreten, wird abgehalten. Die gleiche Art von Konferenz wurde eine Woche später in Los Angeles für die Presse der Westküste abgehalten. Camaros mit den besten Ausstattungen wurden von 15 Redakteuren von Detroit in ihre Heimatstädte gefahren. Sie wurden am Ankündigungswochenende für eine große öffentliche Vorführung beim Großen Preis der USA von Journalisten und Prominenten verwendet. Die Autos zirkulierten untereinander in den großen Städten für zusätzliche „Ich habe ihn persönlich gefahren“-Werbung.

Der Camaro wird zum ersten Mal der Öffentlichkeit vorgestellt.

Camaro Design
1967 Camaro Schnittmodel

Wie es weiter ging

Für die nächsten Modelljahre ging die Entwicklung des Designs weiter. Auch wurden alternative Typen und Formen in Betracht gezogen.

Für das Modelljahr 1969 gab es die größte weitere Entwicklung des Designs, die schlussendlich zum bekannten Ergebnis geführt haben. Technisch war der 69er der bestentwickeltste der 1. Generation.

Neben den oben gezeigten sehr modernen Designs, wurden konservativere Varianten mit einem breiteren Grill und anderer Stoßstangen sowie mit größeren Blink-Standleuchten-Kombis entworfen, die auch ein stärker geprägte Falten über den Radläufen hatten. Die Rückleuchten wurden mit stärker abgerundeten Ecken und einem deutlichen Sägezahnprofil ausgeführt. Die Heckstoßstange hatte das gleiche Design wie später die Front.

Bei den Faltenbögen über den Radkästen wurde das Team um Henry Haga vom Mercedes 300 SL – Flügeltürer – inspiriert.

Der GM Design Vice President William L. Mitchell wurde gefragt, ob ihm die 1. oder 2. Generation besser gefällt. Er antwortete, dass die zweite Generation von Designern entworfen wurde, während die erste ein Komitee entwarf. Auch andere GM– und Chevrolet-„Größen“ fanden die 2. Gen. schöner. Geschuldet ist dies den Vorgaben und Restriktionen (Spritzwand vom Chevy II und Kostendruck) bei der Entwicklung des ersten Camaros.

Bei der Markteinführung 1966 sparte GM/Chevrolet dennoch keine Kosten.


Auf Grund des Erfolges der getunten Camaros von Yenko oder Gibb und Baldwin wurden die COPOs entwickelt und darauf aufbauend auch weitere Versionen wie ein „echter“ Z/L1.

Das Konzept hatte einen geänderten Frontspoiler, zusätzliche Fernscheinwerfer im Grill und eine besser integrierte Stoßstange. Optisch wurden auch Motorhaube und Außenspiegel verändert und der Heckspoiler in der Heckklappe integriert. Es wurden zwei Prototypen gebaut.

Nova – Camaro – Firebird

Der F-Body basiert auf der X-Body-Plattform für den 1968 Chevrolet Chevy II, der dann in Nova umgetauft wurde. Der Camaro startete, durch den Druck vom Ford Mustang, (wie oben bereits beschrieben) bereits 1966. Also früher als die ursprüngliche Plattform für den Nova, der erst 1968 in Produktion ging. Der Pontiac Firebird kam im Frühjahr 1967 als besser ausgestattetes und vermeintlich sportlicheres Schwestermodell auf den Markt.

Der Nova war als Limousine, Kombi, Cabriolet und Coupé lieferbar, so wie es für den Camaro auch überlegt wurde. Zum Schluss fiel die Entscheidung ausschließlich einen Zweitürer als Coupé und Cabriolet zu bauen, während der Nova die komplette Karosseriepalette bediente.

Sportlicher weil:

  • stärkere Motoren
  • Motor weiter hinten
  • besseres Fahrwerk (größere Räder, mehrlagige Blattfedern, Längslenker)
Chevrolet Nova
Chevrolet Nova
1968 Chevrolet Nova
1968 Chevrolet Nova
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